Geschichte in Alabama
Alabamas Schlachtfelder erzählen vom Amerikanischen Bürgerkrieg, der dem Bau prächtiger Südstaatenvillen und Sklavenarbeit ein Ende bereitete. Auch in der Bürgerrechtsbewegung spielte der Staat eine herausragende Rolle.
Zu einer Zeitreise in die 1950er und 60er Jahre laden Montgomery, Selma oder Birmingham ein – drei Städte, die in der Bürgerrechtsbewegung ganz vorne mitspielten. Ihre Pflaster trugen schon Martin Luther King, Rosa Parks und all die anderen Mutigen dieser nachhaltigen Epoche. Und nicht zuletzt ist Alabama Heimat zahlreicher Musiklegenden, darunter der “King of Country Music” Hank Williams und der "Father of the Blues" W.C. Handy.
Birmingham
Als im 19. Jahrhundert Kohle, Eisenerz und Kalkstein – die drei Rohstoffe für Eisen und Stahl – unter Birmingham entdeckt wurden, gab es kein Halten mehr. Was gerade noch eine landwirtschaftlich geprägte Kleinstadt war, verwandelte sich schnell in das industrielle Kraftzentrum der Südstaaten. Das Geld floss in Strömen, und mit ihm kamen Zigtausende, die in der „Zauberstadt” schnell reich werden wollten. Das stählerne Glück der Stadt fand sein jähes Ende in den 1960ern mit dem Niedergang der Montanindustrie – zu einer Zeit, als auch rassistische Spannungen zunahmen. Birmingham wurde ein Brennpunkt der Bürgerrechtsbewegung. Die Millionenstadt dokumentiert im Museum des Birmingham Civil Rights Institute, wie die Bürgerrechtsbewegung die Abschaffung der gesetzlichen Rassentrennung gewaltfrei erzwungen hat. Nur wenige Meter weiter steht die Sixteenth Street Baptist Church, welche durch ein rassistisch motiviertes Bombenattentat, bei dem vier junge Mädchen starben, traurige Berühmtheit erlangte. Skulpturen im gegenüber liegenden Kelly Ingram Park erinnern lebensecht an Wasserwerfer und Hunde, die gegen friedliche Demonstranten zum Einsatz kamen, unter ihnen auch viele Kinder. Mittlerweile ist Birmingham ein zweites Mal wirtschaftlich aufgeblüht: mit neuen Industrien, darunter auch medizinische Einrichtungen, die zu den besten der Welt zählen.
Montgomery
Südstaaten-Politiker versammelten sich 1861 im State Capitol von Montgomery, gründeten die Konföderierten Staaten von Amerika, wählten Jefferson Davis zu ihrem Präsidenten und machten Montgomery zu ihrer Hauptstadt. Ihr Telegramm nach Washington, mit dem sie die Abspaltung bekannt gaben, gab einen der letzten Anstöße zum Ausbruch des Amerikanischen Bürgerkriegs. Große Geschichte auf eine ganz andere Weise schrieb fast 100 Jahre später die schwarze Näherin Rosa Parks. Sie weigerte sich, im Stadtbus einen Sitz zu räumen, der für Weiße reserviert war, und gab damit einen der Startschüsse für die Bürgerrechtsbewegung. Ihrer Person, und den weitreichenden Folgen ihres mutigen Handelns, widmet sich das Rosa Parks Museum der Stadt. Der Selma to Montgomery National Historic Trail markiert den Weg, den die Menschenrechtler während der legendären März-Märsche von Selma nach Montgomery beschritten, um, nach zwei von Rassisten gewalttätig gestoppten Versuchen, am 21. März 1965 endlich das State Capitol zu erreichen. Nur einen Block vom Capitol entfernt liegen die Dexter Avenue Baptist Church, in der Dr. Martin Luther King damals predigte, und sein Wohnhaus. Beide Gebäude stehen Besuchern offen. Das 2018 von der EJI eröffnete Legacy Museum widmet sich der tragischen Geschichte rassistischer Ungleichheit. Wenige Block entfernt erinnert das ebenfalls neue National Memorial for Peace and Justice an die Opfer der Lynchjustiz im Süden der Vereinigten Staaten zwischen 1877 und 1950.
Tuskegee
Ein sehr bedeutsamer Meilenstein auf dem Weg hin zur gesetzlichen Gleichberechtigung schwarzer Bürger im Amerika des 20sten Jahrhunderts, findet sich beim Tuskegee Human & Civil Rights Multicultural Center. Die ehemalige Flugschule beeindruckt mit der Geschichte um ihre legendären „Tuskegee Airmen“. Die Männer waren im zweiten Weltkrieg die ersten afroamerikanischen US-Militärpiloten und verschafften sich mit ihren herausragenden Leistungen und ihrem Todesmut größte Anerkennung.
Selma
Aus Selma heraus starteten im März 1965 die berühmten Friedens-Märsche auf Montgomery. Deren rund 90 Kilometer langer Weg auf dem U.S. Highway 80 ist als National Historic Trail gelistet. Auf halber Strecke empfiehlt sich der Besuch des Lowndes County Interpretive Center: am dem Ort, wo die Demonstranten auf ihrem Weg kampierten. In Selma selbst findet sich mit der Edmund Winston Pettus Bridge der Ort, an dem der erste Marsch, angeführt von Martin Luther King abgebrochen wurde, nachdem Gegendemonstranten die Gruppe massiv angegriffen hatten. Das National Voting Rights Museum dokumentiert die ganze Geschichte dieser Märsche.
Huntsville
In Huntsville hat Wernher von Braun mit seinem Ingenieurs-Team Raumfahrtgeschichte geschrieben. Die von ihnen entwickelte Saturn V-Rakete brachte Neil Armstrong und Co 1969 sicher zum Mond und wieder zurück. Das U.S. Space & Rocket Center ist das weltweit größte Museum zum Thema Raumfahrt. Das Herzstück der Ausstellung ist eine original Saturn V Mondrakete, die sich die Halle mit weiteren erstaunlichen Artefakten wie der Kapsel der Apollo 16-Mission, einem Mondbuggy, Mondgestein, Astronautenanzügen u.s.w. teilt.
Scottsboro
Das Scottsboro Boys Museum and Cultural Center in Scottsboro, Nordalabama erzählt die tragische Geschichte von neun jungen schwarzen Männern, die 1931 fälschlicherweise der Vergewaltigung an zwei weißen Frauen in einem Zug beschuldigt wurden. In mehreren Gerichtsverfahren befanden rein weiße Jurys die jungen Männer für schuldig. Das Urteil löste nationale Proteste aus. Schließlich gestand eine der Frauen von Rassisten unter Druck gesetzt und zu einer Falschaussage gezwungen worden zu sein. Der Fall ging 1937 vor den Obersten Gerichtshof der USA. Die Staatsanwaltschaft ließ die Vergewaltigungsvorwürfe gegen fünf der Männer fallen. Die anderen vier wurden zunächst erneut verurteilt. Es dauerte fast 20 Jahre, bis der letzte Angeklagte aus dem Gefängnis entlassen wurde. Das Museum ist Teil des U.S. Civil Rights Trail.
Mobile
Das Territorium Louisiana des französischen Königs erstreckte sich einst über den mittleren Teil der heutigen USA den Mississippi hinauf . Auf Dauphin Island in Alabama stand der erste Gouverneurssitz, in der Nähe entstand dann mit Mobile die erste Hauptstadt. Der erste Mardi Gras auf US-amerikanischem Boden fand in dieser Hafenstadt statt und wird weiterhin dort gefeiert. Einige Meilen weiter nördlich steckt der Historic Blakeley Historic State Park jenes Feld ab, auf dem die Konföderierten Stunden nach General Robert Lees Kapitulation der Südstaaten in die letzte große Schlacht des bereits verlorenen Bürgerkriegs zogen.
Coming Soon: 2018 wurde bei Africatown, einem Stadtteil von Mobile, das Wrack eines Schoners am Grund des Flusses Mobile gefunden. 2019 bestätigten renommierte Wissenschaftler, dass es sich hierbei um die Überreste der Clotilda, dem letzten bekannten Sklavenschiff der USA handelte. Geborgen werden konnte die Clotilda aufgrund ihres schlechten Zustandes nicht. Als das Schiff Alabama 1860 erreichte war der transatlantische Sklavenhandel seit bereits über 50 Jahren verboten. Nachdem der Kapitän die 110 Männer, Frauen und Kinder aus Afrika also illegal ins Land geschmuggelt hatte, setzte er zur Vertuschung seiner Straftat die Clotilda in Brand und ließ sie in einem der fünf Flüsse, welche die Mobile Bay speisen, versinken. Der Bürgerkrieg beendete 1865 die Sklaverei. Einige der Verschleppten kamen an den Ort ihrer Ankunft zurück und gründeten Africatown. Viele Nachfahren der Clotilda leben bis heute an diesem Ort und geben die Geschichte von Generation zu Generation weiter. Im Dezember 2020 gab die Stadt Mobile Pläne zur touristischen Erschließung Africatowns bekannt. In einem ersten Schritt wird Ende 2021 das Heritage Center in Africatown eröffnet, dessen multimediale Ausstellung die Geschichte der Clodilda und Africatowns erzählt.
Florence
Tom‘s Wall ist ein Mahnmal an den Trail of Tears, die gewaltsame Vertreibung der amerikanischen Ureinwohner aus Georgia, Tennessee, Alabama, North Carolina und Florida im 19. Jahrhundert beschreibt. Tom Hendrix errichtete diese Steinmauer zu Ehren seiner Ur-Ur-Großmutter, die – ihr Schicksal mit rund 125.000 anderen teilend – nach Oklahoma deportiert wurde. Das Heimweh nach den „singenden” Flüssen Alabamas motivierte sie, später den ganzen Weg zu Fuß zurück zu gehen. Jeder Stein ist von Hand gelegt und steht für einen Schritt, den die junge Frau auf dieser Reise tat. Ganz ohne Mörtel schuf Tom Hendrix so eine der längsten Mauern der Welt.